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Wie funktioniert eigentlich eine Wählerstromanalyse?

Wählen viele Wähler:innen zuerst eine Partei und später eine andere (oder die gleiche), kann man einen Wählerstrom von einer zur anderen Partei erkennen – daher auch der Name: Wählerstromanalyse.

Was ist eine Wählerstromanalyse?

Die Wählerstromanalyse ist ein Verfahren in der Wahlforschung, das die Wanderung von Wähler:innen und Nichtwähler:innen zwischen den Parteien berechnet. Dabei werden immer zwei oder mehr Wahlen verglichen und Tendenzen bzw. Ströme ermittelt.

Wähler:innen, die bei den vergleichenden Wahlen die gleiche Partei wählen, oder Wähler:innen, die zuerst eine Partei und später eine andere Partei wählen, werden erfasst und ins einem Diagramm grafisch dargestellt.

Welche Informationen zeigt eine Wählerstromanalyse?

Eine Wählerstromanalyse hilft politischen Akteur:innen und Forscher:innen, fundierte Entscheidungen zu treffen, um das Wahlverhalten besser zu verstehen und mögliche Trends in der politischen Landschaft vorherzusagen.

  • Wählerwanderungen zwischen verschiedenen politischen Parteien
  • Änderung im Wahlverhalten über die Zeit (z.B. durch den Vergleich von zwei aufeinanderfolgenden Wahlen)
  • Mögliche Trends oder Veränderungen in der Gesellschaft
  • Rückschluss auf externe Faktoren, wie wirtschaftliche Bedingungen, soziale Veränderungen oder die öffentliche Meinung auf die Wahlergebnisse.

Wie funktioniert eine Wählerstromanalyse?

Eine Wählerstromanalyse basiert typischerweise auf zwei Wahlausgaben (z.B. eine vorherige und aktuelle Wahl). Daten zu beiden Wahlen werden ausgewertet und auf Basis dieser Daten werden die Ströme zwischen den Parteien ermittelt.

Das geschieht durch den Vergleich der Wahlen auf Basis der Wahlergebnisse und weiteren Datenquellen (Umfragewerten & statistischen Methoden). Dabei wird angenommen, dass die Bevölkerung zwischen den Wahlen identisch ist. Todesfälle, Geburten und Migrationen werden fiktiv muteinberechnet, aber liegen keinen Daten zugrunde.

Woher kommen die Daten für eine Wählerstromanalyse?

Amtliche Wahlergebnisse: Die Analyse stützt sich auf die ausgezählten Ergebnisse von Wahlen auf Gemeinde- oder Sprengerebene. Diese Daten sind entscheidend, da sie das tatsächliche Wahlverhalten widerspiegeln und nicht auf Umfragen basieren.

Individualdatenanalysen nutzen Umfragedaten, insbesondere Wahltagsbefragungen, bei denen Wähler:innen nach ihrem Wahlverhalten in der vorherigen Wahl befragt werden. Diese Daten helfen, das frühere Verhalten von Nichtwähler:innen sowie von verstorbenen oder weggezogenen Wählern zu erfassen.

Wie wird eine Wählerstromanalyse berechnet?

Die Berechnung einer Wählerstromanalyse erfolgt in mehreren Schritten. Zuerst werden die Daten alle gesammelt und anschließend statistisch berechnet. Die häufigste Methode zur Berechnung der Wählerströme ist die multiple Regression, bei der aktuelle Wahlergebnisse mit den Ergebnissen der vorherigen Wahl in Beziehung gesetzt werden. Dies ermöglicht es, Übergangswahrscheinlichkeiten zu schätzen und zu analysieren, wie viele Wähler:innen von einer Partei zur anderen gewechselt sind.

Im letzten Schritt werden die Gemeinden in homogene Gruppen eingeteilt, um eine genauere Analyse der Wählerwanderungen zu ermöglichen. Für jede Gruppe werden separate Regressionsgleichungen erstellt, aus denen die Gesamtwählerströme abgeleitet werden.

Herausforderungen bei der Berechnung

  • Nichtwähler:innen: Die Analyse muss auch die Bewegungen von und zu Nichtwählern berücksichtigen, was zusätzliche Komplexität hinzufügt.
  • Änderungen in der Wählerschaft: Die Fiktion eines konstanten Wählerspektrums ist oft nicht realistisch, was die Ergebnisse beeinflussen kann.
  • Interpretationsspielraum: Die geschätzten Übergangswahrscheinlichkeiten müssen vorsichtig interpretiert werden, da sie nicht unbedingt das individuelle Wahlverhalten widerspiegeln.

Was sind die Vorteile?

  1. Datenbasis: Wählerstromanalysen basieren auf Wahlergebnissen. Das reduziert Probleme wie Stichprobenfehler oder falsche Angaben.
  2. Trendermittlung: Anhand von historischen Wahlergebnissen können Vergleiche über viele Jahre erstellt werden, die Veränderungen im Wahlverhalten analysieren. Das ermöglicht eine tiefere Einsicht in die zukünftige Entwicklung.
  3. Mobilisierungsstärke: Die Analyse bietet Einblicke in die Mobilisierungsstärke von Parteien, indem sie die Behalterate (Anteil der Wähler, die eine Partei erneut wählen) quantifiziert. Das hilft den Parteien, das Vertrauen und die Loyalität der Wählerschaft zu bewerten.
  4. Identifikation neuer Wählerschaften: Sie zeigt auf, wie sich die Wählerschaft zusammensetzt. So können gute Parteikurse oder Strategien ermittelt und angepasst werden.

Was sind die Nachteile?

  1. Methodische Annahmen: Die Analyse beruht auf der Annahme, dass die wahlberechtigte Bevölkerung zwischen den verglichenen Wahlen konstant bleibt. Veränderungen durch Todesfälle oder Neuzugänge werden oft nicht adäquat berücksichtigt, was zu Verzerrungen führen kann.
  2. Keine Einsicht in Wahlmotive: Wählerstromanalysen können keine Informationen über die Wahlmotive der Wähler liefern, da sie sich nur auf die Ergebnisse stützen und nicht auf persönliche Befragungen zurückgreifen.
  3. Vergleichbarkeit der Daten: Änderungen in den Sprengel- oder Gemeindegrenzen können die Vergleichbarkeit der Daten beeinträchtigen. Wenn beispielsweise neue Grenzen gezogen werden, kann dies fälschlicherweise als Wählerwanderung interpretiert werden.
  4. Verwirrung bei der Interpretation: Die Komplexität der Daten und deren Darstellung kann zu Verwirrung führen, sowohl bei den Medien als auch beim Publikum. Oft sind die Ergebnisse schwer verständlich und erfordern eine fundierte Erklärung (that’s what we are doing here).

Fazit zur Wählerstromanalyse

Wie alle Werkzeuge der Wahlforschung ist die Wählerstromanalyse nicht das Multitool, das alle Probleme löst und keine Nachteile hat. Aber sie ist umfangreich und kann sowohl für die Veranschaulichung historischer, als auch zukünftiger Entwicklungen eingesetzt werden. Die Wählerstromanalyse ist ein wichtiger Bestandteil bei jeder Wahl und gibt wertvolle Einblicke in das Wahlverhalten. Ihre methodischen Limitationen müssen allerdings bei der Interpretation der Ergebnisse berücksichtigt werden.

Nachweisverzeichnis – Wählerstromanalyse